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#8 Stiefel Johann Friedrichs des Großmütigen

#8 Stiefel Johann Friedrichs des Großmütigen

1m 0s

Sie galt als beleibt und etwas grobschlächtig für eine Heranwachsende. Isabella wollte nichts davon hören. Und doch zog es sie immer wieder in die Kunstkammer, zu den Schätzen ihres verstorbenen Vaters Ferdinand VII., zu denen ein riesenhafter Stiefel zählte. Der Riese sei der Kurfürst von Sachsen gewesen. Isabella kauerte zum Fuße des Stiefels, neben dem sie sich winzig fühlte, hilflos und klein, als säße sie am Stamm einer Eiche. Wie leicht sie dieser Stiefel zertreten könnte. Sie seufzte wonnig, bis ihr wieder einfiel, dass sie die Regentin von Spanien war, seit ihrem dritten Lebensjahr auf dem Thron saß, um so...

#7 Schuhe von hellgrünem Chagrin

#7 Schuhe von hellgrünem Chagrin

0m 54s

Als Carrie auf den roten Sohlen ihrer Pantoletten aus grünem Chagrin-Leder durch Midtown klapperte, war ihr weder bewusst, dass ihre Schuhe aus Lahore stammten, noch dass sie einem Rajah gehört hatten, der einen Krieg gegen das British Empire auslöste, weil er sich weigerte, das Amt des Gouverneurs abzugeben, worauf seine Stadt für acht Monate belagert wurde, bevor die Kolonialmacht obsiegte, ihm die Schuhe abnahm und diese als Trophäe nach London schickte, ehe sie über Coburg nach SoHo gelangten, eine lange Geschichte, von der Carrie nichts ahnte, und trotzdem war sie froh, dass der Senf, der von ihrem Hot-Dog tropfte, die...

#6 What's in my bag?

#6 What's in my bag?

0m 53s

Meine Tasche ist ein Unikat – eine original Kete-Bag, auf die ich lange gespart habe. Keine Kete-muka zwar, aus der Luxuslinie und mit Kiwi-Federn geschmückt. Sondern der perfekte Alltagsbegleiter, ultraleicht, kaum größer als eine Clutch und bequem am Handgelenk zu tragen. Wenn ich Beeren finde, kommt sie zum Einsatz.
Der gewebte Flachs ist so weich, dass selbst die kleinsten Früchte nicht zerdrückt werden. Mit den lilanen Schmuckstreifen (gefärbt mit dem Saft der Kōnini-Frucht) ist meine Kete trotzdem ein echter Hingucker.
Also, Leute: What’s in my bag? Ihr ahnt es: Kōnini natürlich! Fuchsia-Beeren, die ich in meiner Kete zum Markt trage...

#5 Tanzspiegel aus Wyoming

#5 Tanzspiegel aus Wyoming

0m 52s

Spieglein, Spieglein in der Hand, wer ist der ausdauerndste Tänzer im Land? Spieglein, Spieglein in der Sonne Wyomings, die in deiner Fläche aufblitzt, wenn wir fasten, singen, trommeln und tanzen, um die Welt zu erneuern und unsere Einzigartigkeit zu erhalten. Spieglein, Spieglein in der Hand, der du das Tor zu einer anderen Welt öffnest, wo wir uns mit guten Geistern verbünden und die Blicke unserer Feinde zurückzuwerfen. Spieglein, Spieglein, du liegst gut in der Hand, für die Reise gemacht als treuer Begleiter in der rituellen Ekstase, visionär in der Trance und unverzichtbar im Necessaire eines jeden Schamanen.

#4 Hut aus gespaltenen Federkielen

#4 Hut aus gespaltenen Federkielen

0m 51s

Sich das Kielkleid eines Schwanes aufsetzen. Federleichter Kopfputz, von einer hellen, fast durchscheinenden Farbe. Ein Hut wie ein Vogel, der seine Schwingen ausbreitet und aus dem Wasser aufsteigt, während schimmernder Glanz von ihm abperlt. Der Besitz eines feather hats aus gespaltetem Schafthorn, kunstvoll geflochten wie aus Stroh oder Bast und gebunden in Seidenatlas, ein Hut made in China, der um die halbe Welt
geschifft worden war, versprach einer Dame aus europäischem Adel oder der US-Upperclass, stets wohlbehütet durch ihr Leben zu gehen und um Kielesbreite über dem Rest ihrer Gesellschaft zu schweben.

#3 Ein Kleid für die Ewigkeit

#3 Ein Kleid für die Ewigkeit

0m 48s

Mein ewiges Kleid besteht aus mehreren Schichten. Es kleidet mich aus, ich trage es in meinem Innern: ein harzgetränktes Futter aus Kissen, das meine Körperformen nachbildet. Auf diesem Bett ruht meine Haut. Ein Kleid aus Salz, in dem ich vierzig Tage gebadet habe. Die Haut sitzt eng, seit alles Wasser entwichen ist. Im Tod trage ich XXS – und darüber eine weitere Schicht, maßgefertigt aus schlichtem Leinen in raffinierter Wickeltechnik. Umhüllt wird alles von einem Mantel, der in den Farben des Lebens geschmückt ist, so prachtvoll wie die Ewigkeit selbst, die ich in diesem Kleid überdauern werde.

#2 Perlenschurz

#2 Perlenschurz

0m 54s

Gesehen bei Victoria’s Secrets um 1852 in Guayana: Ein Must-Have für Frauen nach der Menarche (erste Blutung, rot wie ein Apfel). Gewebt in Trapezform aus Perlen und Pflanzenfasern, schützt der Schurz die Essentials der Trägerin und dient als Accessoire ihres Schamgefühls.
In kälteren Gegenden wird er gern über der Kleidung getragen, als Uniform der Care-Takerin, der Kellnerin, des Zimmermädchens. Ob Reinigungskraft in der »Kittelschürze« oder Arbeitskraft am heimischen Herd: wir kleiden uns in »weibliche« Rollen, wenn wir eine Schürze anlegen. Weshalb Männer ihre Scham vor der Schürze allzugern ironisch verhüllen:
»Hier grillt der Chef noch persönlich!«

#1 Conrat Meit: Adam und Eva

#1 Conrat Meit: Adam und Eva

0m 55s

Dann designte Gott den Menschen nach seinem Bilde, betrachtete alles und hatte seine Freude daran: Ein glänzendes Adamskostüm wie aus Buchsbaumhaut, poliert und von der Sonne lasiert. Mann und Frau waren nackt, in ihrem Kleid für die Ewigkeit, bis sie von den Früchten des Wissens aßen. »Davon wirst du klug werden!« versprach eine Schlange und Eva biss in den Apfel. Zur Strafe gab Gott ihr das Wissen um den eigenen Körper, der nie wieder gut genug sein würde. Er gab ihr Schmerz und Begehren, um sich an Adam zu binden und von ihm gesehen zu werden. Die Geschichte der Mode...